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Ende des Immobilienbooms?

Der Immobilienmarkt befindet sich weiterhin kräftig im Wandel. Im Juli verstetigt sich die Trendumkehr von Angebot und Nachfrage, die sich bereits im Wohn-Barometer des zweiten Quartals abzeichnete: So erleben Angebote für Kaufimmobilien auf ImmoScout24 einen Boom. Für Mietwohnungen geht das Angebot zurück. Die Nachfrage zeichnet ein gegensätzliches Bild: Weniger Menschen suchen Kaufimmobilien, während die Nachfrage auf dem Miet-Markt kräftig zunimmt.

„Mit dem Zinsanstieg im zweiten Quartal ist die Finanzierung eines Immobilienkaufs deutlich teurer geworden. Damit ist der Traum von der eigenen Immobilie für viele Menschen vorerst geplatzt. Menschen, die vorher über einen Kauf nachdachten, suchen seitdem vermehrt nach Immobilien zur Miete. Die Verschiebung der Nachfrage von Kauf zu Miete hat sich innerhalb nur eines Monats weiterhin verschärft“, kommentiert Dr. Thomas Schroeter, Geschäftsführer von ImmoScout24, die Entwicklung der Nachfrage nach Immobilien im Juli.

Deutlich mehr Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen im Angebot
In allen Metropolen sowie der gesamtdeutschen Betrachtung stieg im Juli das Angebot für Kaufimmobilien bei ImmoScout24. Am meisten stieg das Angebot in München (+18,5 %). Auch in Düsseldorf (+15,6 %), Köln (+14,4 %) und Stuttgart (+14,2 %) wächst das Angebot für Immobilien zum Kauf innerhalb eines Monats deutlich. Für Gesamtdeutschland und Berlin verzeichnet ImmoScout24 im Juli rund 9 Prozent mehr Inserate für Immobilien zum Kauf als im Vormonat Juni. Im Metropolenvergleich fällt die Entwicklung des Angebots damit am geringsten aus.

Eine Ausnahme bei der Entwicklung des Mietmarkts bilden Neubau-Mietwohnungen: Hierfür befindet sich das Angebot in den meisten Metropolen noch auf leichtem Wachstumskurs. Mancherorts geht aber auch das Angebot an Neubau-Mietwohnungen bereits zurück, so zum Beispiel in Frankfurt am Main (-12,6 %) und Köln (-10,0) %.

Nachfrage nach Kaufimmobilien sinkt weiter
Entgegen dem steigenden Angebot für Kaufimmobilien, sank die Nachfrage nach Immobilien zum Kauf in allen Metropolen und deutschlandweit im Juli erneut. Innerhalb eines Monats ging die Nachfrage in Köln um rund 31 Prozent und damit am stärksten zurück. In München (-26,1 %) nahm die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen rund ein Viertel ab. Für Hamburg (-21,7 %) und Berlin (-20,8 %) verzeichnet ImmoScout24 im Juli rund ein Fünftel weniger Nachfrage als noch im Vormonat. In der gesamtdeutschen Betrachtung nimmt die Nachfrage im Juli um knapp 18 Prozent ab.

Große Nachfrage, aber geringes Angebot für Mietwohnungen
Der Druck auf dem Mietmarkt steigt weiterhin. Nutzer:innen von ImmoScout24 suchen im Juli verstärkt nach Mietwohnungen. So steigt die bereits sehr hohe Nachfrage nach Mietwohnungen in Berlin innerhalb eines Monats mit einem Zuwachs von rund 31 Prozent kräftig an. Im Durchschnitt erhält damit ein Inserat für eine Bestands-Mietwohnung in Berlin 168 Kontaktanfragen pro Woche. In München verzeichnet ImmoScout24 im Juli mit einem Plus von rund 17 Prozent den zweitstärksten Zuwachs bei der Nachfrage nach Mietwohnungen. Gleichzeitig geht das Angebot an Wohnungen zur Miete in allen Metropolen und deutschlandweit weiterhin zurück: Berlin (-12,6 %), Köln (-10,8 %), Frankfurt am Main (-10,0 %), Düsseldorf (-8,6 %), Hamburg (-7,1 %), Stuttgart (-6,4 %), München (-2,4 %).

Immobilienpreise fallen – es droht ein global „synchronisierter Abschwung“
Die Immobilienpreise in Deutschland sind derzeit bereits dabei zu fallen, was laut dem Internetportal Zeitenwende verschiedene Datenquellen belegen. Die seit Ende der letzten Finanzkrise 2008 durch bis zum Nullpunkt sinkende Zinsen angefachte Immobilienblase konnte sich immer weiter entfalten. Aber seit Jahresanfang steigen in Deutschland die Bauzinsen von 1 auf jetzt über
3 Prozent. Expertenmeinungen, wie etwa von Dr. Andreas Beck, zeigen auf: Eine große und wichtige Käufergruppe am Immobilienmarkt fällt gerade immer mehr weg, je höher die Zinsen steigen – nämlich die reinen Kapitalinvestoren, bei denen die Zinskosten die Mietrendite nach Abschreibung übersteigen. Unrentable Investitionen werden nicht getätigt, von daher werden diese Investoren wohl nun immer weniger Immobilien erwerben, geschweige denn neu bauen.

Im TradingView Chart sehe man, wie seit 2006 die Immobilienpreise wie am Strich gezogen immer weiter gestiegen sind, und zum Ende nun angefangen haben zu fallen. Dieser beginnende Preisrückgang korrespondiert mit dem nun stark steigenden Leitzins der EZB, der jahrelang nur gefallen war, und dann seit 2016 bis Juli 2022 an der Null-Linie klebte. Billiges Geld befeuerte jahrelang den Immobilienmarkt. Damit sei jetzt Schluss.
Und so dürfte es laut Zeitenwende nicht nur in Deutschland laufen, sondern auch vor allem in angelsächsisch geprägten Volkswirtschaften, in denen es üblich ist, Immobilien extrem stark kreditgehebelt zu kaufen – und dazu auch noch gerne eine zweite, dritte oder vierte Immobilie. Bleiben Mieter aus und steigen dann noch die Kreditkosten kräftig an, und sinken dazu noch die Immobilienpreise, ist dies für stark verschuldete Immobilieneigentümer eine toxische Verbindung.
In Australien und Kanada beispielsweise sinken die Häuserpreise bereits im zweistelligen Prozentbereich. Volkswirte gehen davon aus, dass der globale Abwärtstrend erst begonnen hat. „Wir werden in den Jahren 2023 und 2024 am Immobilienmarkt einen weltweit synchronisierten Abschwung beobachten“, erwartet Hideaki Hirata von der Tokioter Hosei-Universität, der an einer globalen Immobilienmarkt-Analyse des Internationalen Währungsfonds mitgewirkt hat.

Viele junge Familien erleben zum allerersten Mal überhaupt steigende Zinsen
Bis die aggressiven Zinserhöhungen der Notenbanken in diesem Jahr voll auf die Haushalte durchschlagen, wird nach Hiratas Ansicht einige Zeit vergehen. „Verkäufer übersehen oft die Anzeichen sinkender Nachfrage“, sagt der ehemalige Ökonom der Bank of Japan. Inzwischen sehen sich viele Menschen, die Rekordpreise bezahlt haben, Zinsanstiegen gegenüber, während die Inflation die allgemeinen Lebenshaltungskosten nach oben treibt und in der Gesamtwirtschaft eine Rezession droht. „Junge Familien, die sich verschuldet haben, haben noch nie in ihrem Leben einen starken Zinsanstieg zu einer Zeit erlebt, in der ihre realen, inflationsbereinigten Löhne sinken“ so Rob Subbaraman, Leiter der globalen Marktanalyse bei Nomura. „Das könnte für sie ein ziemlicher Schock sein.“
Wie stark Kreditnehmer steigenden Zinsen ausgesetzt sind, ist von Land zu Land unterschiedlich. Eine Analyse von Zeitenwende zufolge verlassen sich zum Beispiel in den USA die meisten Hauskäufer auf festverzinsliche Darlehen mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren. Hypotheken mit variablem Zins machten in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt nur etwa 7 Prozent der konventionellen Kredite aus. In anderen Ländern hingegen sind Zinsen typischerweise nur für ein Jahr festgeschrieben oder bewegen sich gleich variabel mit dem Markt. Laut einem Bericht von Fitch Ratings vom Mai hatten Australien, Spanien, Großbritannien und Kanada die höchste Konzentration an variabel verzinslichen Krediten im Verhältnis zu den Neuvergaben im Jahr 2020.

Viele nehmen Abstand vom Abenteuer Hauskauf
Viele Hauskäufer, die bei der Neufestsetzung von Zinsen die monatliche Belastung nicht mehr tragen können, dürften dann gezwungen sein, ihre Immobilie auf den Markt zu bringen, was den Druck auf die Immobilienpreise weiter erhöhen dürfte. Ganz zu schweigen von den potenziellen Käufern von Häusern und Eigentumswohnungen, die bei den massiv steigenden monatlichen Belastungen derzeit ganz Abstand von so einem „Abenteuer“ nehmen.

red/kg

 

Das smartLiving Magazin hat Experten zu diesem Thema um ihre Meinung gefragt. Die Antworten lesen hier:

„Wir können derzeit keinen
Angebotsboom im Neubau
verzeichnen.“

Die Bauplätze sind weiterhin sehr teuer und knapp. Vor allem durch die gestiegenen Zinsen für die Bauträgerfinanzierung sowie die hohen Baukosten könnte es sich in Zukunft für Bauträger nicht mehr lohnen, Neubauprojekte umzusetzen und zu bauen. Dadurch kommt es zu einer Verknappung des Angebots und die Preise bleiben stabil.

In Stuttgart gibt es weiterhin wenig Bauplätze und daher wenig Neubauimmobilien. Deshalb lohnt sich ein Blick vor die Tore Stuttgarts z.B. nach Böblingen oder Sindelfingen. Mit bester Anbindung an die Metropolregion lässt es sich hier wunderbar wohnen.

Bärbel Falkenberg-Bahr
Inhaberin und Geschäftsleiterin
Immobilien Service Bärbel Bahr
Böblingen

Foto: Immobilien Service Bärbel Bahr

Julian Tolias
Geschäftsführer TOLIAS Immobilien GmbH
Stuttgart

Foto: TOLIAS Immobilien GmbH

Eigentümer stellen sich aktuell die Frage: „Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um meine Immobilie zu verkaufen?“

Kaufinteressenten hingegen fragen sich: „Wie lässt sich meine Finanzierung darstellen – mit welchen Konditionen muss ich kalkulieren und welche Modelle passen zu meinen Anforderungen?“
Die Antwort lautet: „Es kommt auf Ihre individuelle Situation an.“ Wie der Markt sich in den kommenden Monaten entwickeln wird, kann niemand genau vorhersagen.
Fakt ist: Immobilienpreise befinden sich weiterhin auf einem sehr hohen Preisniveau und der Bedarf, aufgrund des Mangels an Wohnraum, ist ungebrochen. Gleichzeitig sollte man sich aber bewusst machen, dass die Zinsen aufgrund der rekordverdächtigen Inflationsrate voraussichtlich noch weiter steigen werden.

„Mittleres und niedriges Preissegment bleiben begehrt.“

Der Immobilienmarkt reagiert träge. Daher ist kurzfristig nicht mit extremen Preiseinbrüchen zu rechnen. Gegebenenfalls wird für die Vermarktung mehr Zeit benötigt und potenzielle Käufer könnten versuchen, den Preis stärker zu ihren Gunsten zu verhandeln. Die niedrig- und mittelpreisigen Angebote werden weiterhin sehr gefragt sein. Die Nachfrage nach sehr hochpreisigen Angeboten wird dagegen eher sinken. Das gilt auch für Mietwohnungen

Jürgen Schäfer
Geschäftsführer der Volksbank Stuttgart Immobilien GmbH

Foto: Volksbank Stuttgart eG

Florian Semet
Dipl.-Betriebswirt (FH)
Gründer & geschäftsführender Gesellschafter
LAKE ESTATES GmbH & Co. KG

Foto: Lake Estates GmbH & Co. KG

„Ein Angebotsboom mit stark sinkenden Preisen können wir in den emotionalen Top-Lagen am Bodensee nicht bestätigen.“

In den B-Lagen können wir diesen Trend durchaus beobachten. Gerade als Inflationsschutz lohnt sich ein Investment in Sachwerte wie Immobilien weiterhin. Der Immobilieneinstieg über eine klassische Immobilienfinanzierung ist jedoch erschwert, da Banken nicht nur immer höhere Zinsen aufrufen, sondern auch höhere Eigenkapitalquoten von ihren Kunden für die Finanzierung einfordern.

„In der Ruhe liegt die Kraft!“

Selbstverständlich wirkt sich die extrem angespannte politische Gemengelage auch auf den gesamten Immobilienmarkt aus. Nachdem im Frühsommer die Zinsen für Baudarlehen signifikant gestiegen sind, ist die Nachfrage, insbesondere im mittleren Kaufpreissegment, deutlich zurückgegangen. Das Objektangebot in den einschlägigen Internetportalen ist zwar erheblich gestiegen, dennoch deckt es nach wie vor nicht den tatsächlichen Bedarf an Wohnraum. Wir sehen in der Landeshauptstadt mit seiner immensen Kaufkraft noch keinerlei Anzeichen für merklich sinkende Kaufpreise, sondern maximal eine „Seitwärtsbewegung“.

Bernd Schmucker
Geschäftsführer und Inhaber
SCHMUCKER IMMOBILIEN

Foto: Schmucker Immobilien

Michael Ziegler
Inhaber
Deutsche Immobilien Württemberg

Foto: Deutsche Immobilien Württemberg

„Noch abwarten!“

Der Einstieg lohnt sich meines Erachtens noch nicht. Die Kaufpreise entsprechen noch nicht den aktuellen Zinskon-
ditionen im Finanzierungsbereich und somit ist die Rendite noch nicht ausreichend genug. Ich erwarte die nächsten
Monate weiterhin fallende Preise – also noch etwas Geduld…

„Hier bei uns am Bodensee bemerken wir bei gehobenen Objekten keinerlei Einbruch.“

Die Nachfrage ist ungebrochen. Hier ist auch preislich nichts zu merken. Im mittleren und unteren Preissegment ist allerdings die Nachfrage deutlich zurückgegangen, da viele Interessenten sich die Finanzierung aufgrund der gestiegenen Zinsen nicht mehr leisten können. Hier haben sich die Preise bereits leicht angepasst.

Philipp Zimmermann
Geschäftsführer
Philipp Zimmermann Immobilien GmbH & Co. KG
Konstanz

Foto: Philipp Zimmermann Immobilien GmbH & Co. KG

Bianca Zamarian und Markus Lechler
Geschäftsführung, Lechler Immobilien
Stuttgart

Foto: Lechler Immobilien

„Der Immobilienmarkt befindet sich aktuell im Umbruch.“

Eine kontinuierlich steigende Inflation und eine rasante Veränderung des Zinsniveaus lassen eine Trendwende spüren. Insgesamt ist das Interesse an Immobilienobjekten derzeit verhalten.
Das Problem ist nur, dass sich nicht mehr viele Menschen eine Immobilie leisten können. Die ohnehin niedrige Eigentumsquote in Deutschland wird sich deshalb nicht oder nur marginal erhöhen. Die Immobilie ist und bleibt aber ein wichtiger Baustein für die Altersvorsorge. Sie ist gerade bei einer hohen Inflation und einem schwächelnden Euro eine sichere Sachwertanlage. Sie erwirtschaftet demnach immer noch deutlich mehr Rendite, als das Geld auf der Bank liegen zu lassen.
Für Etagenwohnungen und Einfamilienhäuser in guten Lagen, die klassisch von Eigennutzern gekauft werden, sehen wir derzeit (noch) keine Preisrückgänge. Also sollte man hier nicht auf fallende Preise spekulieren, denn diese werden hoch bleiben.