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Wenn Erben
finanziell überfordert sind

Es gibt verschiedene legale Möglichkeiten,
die Erbschaftssteuer zu umgehen

Es gibt viele Begleiterscheinungen, die der Immobilienboom der vergangenen Jahre nach sich gezogen hat. So schlagen sich die deutlich gestiegenen Preise auf Häuser, Wohnungen und Grundstücke auch auf die Erbschaftssteuer nieder. Die ist in manchen Fällen inzwischen so hoch, dass viele Erben damit finanziell überfordert sind.
Wer eine selbst genutzte Immobilie erbt und diese auch weiterhin selbst nutzt, muss keine Erbschaftssteuer zahlen. Ansonsten gilt: Wer ein Grundstück, Haus oder eine Wohnung erbt, muss an das Finanzamt bezahlen. Die Höhe hängt von einigen Faktoren ab, vornehmlich vom Verwandtschaftsgrad. Liegt der Wert der geerbten Immobilie über dem Freibetrag, wird er mit einem Erbschaftssteuersatz versteuert. Dieser liegt zwischen 7 und 50 Prozent.
Seit 2009 gelten die Freibeträge unverändert: bei Ehepartnern und eingetragenen Partnern betragen sie 500.000 Euro, bei Kindern, adoptierten Kindern, Stiefkindern, Enkeln (deren
Eltern verstorben sind) 400.000 Euro, bei Enkeln 200.000 Euro, bei Eltern, Großeltern 100.000 Euro und bei Geschwistern, Nichten und Neffen, geschiedenen Ehepartnern und allen anderen Erben nur 20.000 Euro. Dieselben Freibeträge gelten übrigens auch bei der Schenkungssteuer.
Zwei Beispiele zeigen die Misere: Eine Immobilie, die 2009 noch 400.000 Euro wert war, ließ sich damals steuerfrei an Kinder verschenken oder vererben. Heute wäre sie, gemessen am bundesweiten Häuserpreisindex, 752.000 Euro wert. Kinder müssten nach Abzug des Freibetrags 352.000 Euro versteuern. Bei einem Steuersatz von 15 Prozent wären 52.800

Euro an Erbschaftssteuer fällig. Anderes Beispiel: Ein Enkel erbt von seiner Oma ein Haus im Wert von 550.000 Euro als Alleinerbe. Davon kann er einen Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro abziehen. Die übrigen 350.000 Euro muss Stefan versteuern, und zwar in diesem Fall mit einem Steuersatz von 7 Prozent. Er muss also eine Erbschaftssteuer in Höhe von 24.500 Euro zahlen. In beiden Fällen sind das Summen, die von einem Durchschnittsverdiener nicht so einfach aufgebracht werden können.

Aufgrund der bundesweit stark gestiegenen Immobilienpreise wurde der Appell an die Politik laut, einfach den Freibetrag der aktuellen Lage anzupassen, also zu erhöhen. Tatsächlich hat die CSU-Landtagsabgeordnete Katrin Staffler eine entsprechende Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Vergebens. Die Ampel-Koalition will bei einer Erhöhung des Freibetrags nicht einem eventuellen Vorwurf aus der Wähler-Klientel ausgesetzt sein, im Sinne der Reichen zu handeln. Somit bleibt der aktuelle Freibetrag sicherlich noch eine ganze Weile unverändert.

Wie kann man die Erbschaftssteuer umgehen?
Kann die Erbschaftssteuer vermieden werden? – „Ja!“, meint das Internetportal anwalt-erbrecht.de. Dort heißt es: „Wenn Sie die Erbschaftssteuer umgehen möchten, sollten Sie sich unbedingt bereits zu Lebzeiten Gedanken machen, wie die späteren Erben steuerlich entlastet werden können.“

1. Selbst bewohnen
Für das Vererben von Immobilien gelten Sonderregelungen. Vermacht ein Erblasser dem Ehepartner oder den Kindern zum Beispiel das gemeinsame Haus, das sie seit mindestens zehn Jahren bewohnt haben, so ist dieses von der Erbschaftssteuer befreit. Die Erben müssen die Immobilie dann aber innerhalb von sechs Monaten nach dem Erhalt der Erbschaft beziehen. Wird das Wohnobjekt aber innerhalb der nächsten zehn Jahre verkauft oder vermietet, muss die Erbschaftssteuer gezahlt werden.

2. Testamentarische Bedingungen
Eine andere Möglichkeit wäre es, Erben den Nachlass durch testamentarische Bedingungen nur indirekt zukommen zu lassen. Möchte also beispielsweise ein Bruder seiner Schwester ein Grundstück im Wert von 100.000 Euro vererben, sollte er seine Schwester besser nicht als Haupterbin einsetzen. Denn Geschwister zählen zur Steuerklasse II und können daher lediglich einen Freibetrag von 20.000 Euro geltend machen. Abzüglich des Freibetrags ergäbe sich für die Schwester so eine Steuerlast von 16.000 Euro. Diese Steuerlast ließe sich umgehen bzw. deutlich senken, wenn das Grundstück zunächst an die Eltern vererbt wird. Diese zählen nämlich zur Steuerklasse I und können damit einen Freibetrag von 100.000 Euro geltend machen. Außerdem sollte im Testament bestimmt werden, dass die Schwester nach dem Tod der Eltern die Nacherbin des Grundstücks ist. Auf diese Art erhöht sich der Freibetrag auf 400.000 Euro, anstatt der ursprünglichen 20.000 Euro. Die Erbschaftssteuer lässt sich also durch Erbschaften auf Umwegen deutlich senken bzw. ganz umgehen.

Darüber hinaus gibt es auch Einschränkungen. Kann ein Erbe beispielsweise nachweisen, dass er die Immobilie aus dringlichen Gründen veräußern muss, fällt keine Erbschaftssteuer an. Ein solcher Grund könnte unter anderem der Umzug in ein Altenheim sein.

3. Änderung der Familienverhältnisse
Durch eine Änderung der Familienverhältnisse lassen sich Freibeträge erhöhen und die Erbschaftssteuer so erheblich senken bzw. umgehen. So können Hochzeiten oder Eintragungen von Lebenspartnerschaften dazu führen, dass sich der Freibetrag des Partners von 20.000 Euro auf 500.000 Euro erhöht. Bei Adoptionen verhält es sich ähnlich. Der Freibetrag erhöht sich hier auf bis zu 400.000 Euro. Die Änderung von Familienverhältnissen hat Einfluss auf die Steuerklasse künftiger Erben. Der damit verbundene Freibetrag kann so deutlich erhöht und die Erbschaftssteuer entsprechend gesenkt werden.

4. Schenkungen zu Lebzeiten bzw. vorweggenommene Erbfolge
Eine andere, sehr beliebte Möglichkeit, die Erbschaftssteuer zu umgehen, sind Schenkungen zu Lebzeiten. Hierfür haben sich auch die Begriffe „Übertragung zu Lebzeiten“ und „vorweggenommene Erbfolge“ verbreitet. Zwar sind auch diese steuerpflichtig, doch wenn die Freibeträge geschickt genutzt werden, lässt sich die Steuerlast erheblich senken. Einer der größten Vorteile im Vergleich zur Erbschaft ist hier, dass Freibeträge nicht nur einmalig genutzt, sondern alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden können.

Das Internetportal beratung.de nennt dazu ein Beispiel: Anton Koch schenkt seinem Sohn Lars ein Haus. Weil das Haus 700.000 Euro wert ist, beschließt er, dem Sohn das Haus zu schenken, anstatt zu vererben. Er macht das folgendermaßen: Zuerst überschreibt er Lars einen Teil des Hauses im Wert von 400.000 Euro. Dieser Übergang ist steuerfrei, weil für Kinder ein 400.000-Euro-Freibetrag gilt. Dann wartet Vater Anton zehn Jahre lang. Nachdem die 10-Jahres-Frist verstrichen ist, überschreibt er Lars den restlichen Teil im Wert von 300.000 Euro. Auch für die zweite Übertragung fällt keine Schenkungssteuer an. Hätte der Vater das Haus vererbt, müsste der Sohn den Betrag, der die 400.000 Euro übersteigt (also einen Betrag von 300.000 Euro) mit einem gewissen Prozentsatz versteuern.

Hat das Haus einen deutlich höheren Wert, zum Beispiel 1,2 Millionen Euro, könnte eine Aufteilung helfen: Zunächst schenkt der Erblasser seiner Ehefrau einen Anteil am Haus von 400.000 Euro. Ein halbes Jahr später schenken er und seine Frau einem Kind jeweils einen Anteil von 400.000, die restlichen Anteile im heutigen Wert von 400.000 Euro bekommt das Kind in zehn Jahren – steuerfrei.

Ein weiterer Vorteil einer Schenkung ist, dass der Erblasser bereits zu Lebzeiten bestimmen kann, was mit dem Vermögen passieren soll. Er muss sich also keine Gedanken machen, dass sein letzter Wille eventuell nicht befolgt wird. Dieses Verfahren sollte aber unbedingt langfristig geplant werden. anwalt-erbrecht.de rät: „Beginnen Sie auch rechtzeitig damit, größere Summen steuerfrei an die späteren Erben zu übertragen. Bestenfalls wird im Erbfall dann nur noch eine Summe in Höhe des geltenden Freibetrags vererbt. Die Erbschaftssteuer würde für diesen Fall vollständig umgangen werden, solange die einzelnen Schenkungen nicht den entsprechenden Freibetrag übersteigen.“

5. Nießbrauch
Wer vor seinem Tod einen Teil seines Hauses verschenkt, der kann sich dabei auch ein sogenanntes Nießbrauchrecht einräumen lassen. Durch dieses bekommt der Nießbrauchsberechtigte ein umfassendes Recht an der Nutzung der Immobilie zugesprochen. So ist es laut dem Immobilieninvestor Eisenberger Real Estate etwa gängige Praxis, dass Eltern zu Lebzeiten einen Teil oder das gesamte Eigentum an einer Immobilie auf ihre Kinder übertragen. Im Gegenzug erhielten die Eltern ein umfangreiches, oftmals lebenslanges, Nutzungsrecht der Wohnung beziehungsweise des Hauses. Da sich durch ein Nießbrauchrecht der Verkehrswert des Objekts mindert, fällt nur eine geringere Schenkungssteuer an.

6. Steuerlast bei Erbengemeinschaft –Mietshaus in Eigentumswohnungen umwandeln
Wenn aufgrund der gesetzlichen Erbfolge oder eines Testaments mehrere Personen ein Mehrfamilienhaus oder einen anderen Vermögenswert erben, wird von einer Erbengemeinschaft gesprochen. Eine solche stellt keine dauerhafte Rechtsform dar, sondern soll, wenn möglich, zeitnah aufgelöst werden. Dazu stehen verschiedene Optionen zur Wahl:
– Veräußerung der Immobilie
– Verkauf des Erbteils
– Vermietung des Objekts
– Begründung von Wohnungseigentum

Um Auseinandersetzungen innerhalb der Gemeinschaft zu vermeiden, ist oftmals ein Verkauf des Mietshauses die beste Option. In diesem Fall wird der Verkaufserlös unter den Immobilienerben gerecht aufgeteilt. Ein Tipp von Eisenberger: „Alternativ dazu haben Sie die Möglichkeit, Ihren Teil am Nachlass an eine dritte Person zu veräußern. Wer kurzfristig Geld benötigt, profitiert von dieser Möglichkeit besonders. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass nach § 2034 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Miterben ein Vorkaufsrecht haben. Binnen zwei Monaten kann jeder Miterbe von diesem Recht Gebrauch machen.“

Zudem kann das geerbte Mietobjekt weitervermietet werden. In diesem Fall erhalten die Erbberechtigten anteilig die Mieteinnahmen, die in der jährlichen Einkommensteuererklärung entsprechend anzugeben sind. Demgegenüber lassen sich die Unterhaltskosten des Mehrfamilienhauses in der Steuererklärung als Werbungskosten absetzen.
Schließlich hat eine Gemeinschaft, die zusammen geerbt hat, die Option, die Wohnungen aufzuteilen, um dort selbst einzuziehen. Jeder Eigentümer darf dann auch seine Wohnung als Büro nutzen oder weitervermieten. Bei der Umwandlung zu Eigentumswohnungen sollte allerdings beachtet werden, dass manche Kommunen das Umwandeln reglementieren. Hier sollten die Vorgaben vorab in Erfahrung gebracht werden.

Unabhängig davon, für welche Variante sich entschieden wird: Die Steuer auf die Erbschaft ist bereits zum Zeitpunkt des Erbanfalls zu begleichen. Je nach Anteil an der Immobilie wird zur steuerlichen Berechnung ein abweichender Vermögenswert zugrunde gelegt. Die Ermittlung der Steuerlast wird dann, genauso wie beim Alleinerben, unter Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrads vorgenommen.

7. Ungünstige Testamente korrigieren
Sollte ein Testament so ungünstig gestaltet sein, dass die Erbschaftssteuer sehr hoch ausfällt, lässt sich dieser Zustand durch Ausschlagung der Erbschaft auch nach dem Tod des Erblassers noch korrigieren. In diesem Fall tritt ein näherer Verwandter die Erbschaft an. Die Erbschaftssteuer lässt sich so umgehen.

© Autor: Karl Gutbrod

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