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Der Weg zum smarten Zuhause

Nicht nur das Smartphone ist in, sondern auch das Smart Home. Wie es häufig bei neuen Trendthemen der Fall ist, bestehen viele offene Fragen, sowohl auf technischer, kaufmännischer als auch auf juristischer Ebene. Diese vielen offenen Fragen werden intensiv in Institutionen, wie dem Smart Living Hessen
Cluster e.V. oder der Wirtschaftsinitiative Smart Living Made in Germany diskutiert.
Die Diskussionen reichen von den rechtlichen Fragen rund um den Kauf von Smart-Home-Lösungen, den Leistungsbildern, wer überhaupt Smart-Home-Leistungen plant, verbaut und pflegt bis hin zu intensiven technischen Fragen zu einem vernetzten Zuhause und dem Aufbau einer deutsch-europäischen Cloud-Lösung wie GaiaX. Dieser Beitrag versucht, darüber einen Abriss zu geben, wobei aufgrund der Angehörigkeit des Gastautors zur Zunft Rechtsanwälte der Fokus auf rechtlichen Erwägungen liegt.

Gastbeitrag von Dr. Till Kemper

Was ist ein smartes Zuhause?
Im Rahmen der Eingrenzung des Ziels, ein smartes Zuhause zu bekommen, spielen drei Begrifflichkeiten eine wesentliche Rolle:

a) Smart Living
Smart Living bezeichnet das Leben in der digitalen Wohn- und Lebensumgebung und bildet somit den Überbegriff.

b) Smart Home
Smart Home steht für eine Ausprägung des Internet of Things (IoT), nämlich die vernetzte „intelligente“ Wohnung bzw. das vernetzte „intelligente“ Privathaus.

c) Smart City/Quartier
Smart Quartier bezeichnet die nächste größere Einheit, nämlich eine smarte Vernetzung von mehreren Wohneinheiten über mehrere Gebäude hinweg.

Smart City bezeichnet die Entwicklung ganzer Stadtquartiere oder einer ganzen Stadt mit digitalen Techniken. Je nach Einbindung des Zuhauses in ein smartes Quartier oder eine Smart City stehen zahlreiche Vernetzungen bzw. vernetzte Services zur Verfügung, wie Mobilitätsservices, Logistikservices oder aber auch die Anbindung an ein intelligentes Stromnetzt, bspw. durch eine dezentrale oder teilzentrale Energielösung. Die wesentlichen Perspektiven, mit denen smarte Lösungen eingesetzt werden, ist neben bloßem Komfort insbesondere die Regelung von klimabezogenen Anwendungen (Sonnenschutz, Licht, Schall, Lüftung) sowie Sicherheit (Wach- und Schließsysteme, Notrufsysteme etc.), Mobilität (Car-Sharing, Demand-Dienste), Logistik und Direktenergie (Smart-Metering, Nebenkostensteuerung, Steuerung von dezentralen oder zentralen Energieerzeugungssystemen nebst Abrechnung).

Smart-City bezeichnet die Entwicklung ganzer Stadtquartiere oder einer ganzen Stadt mit digitalen Techniken.
Foto: Getty Images – metamorworks

Rechtliche Einordnung
Die rechtliche Einordnung dieser Thematiken liegt hauptsächlich in drei Bereichen.

Sofern es um die Planung und Implementierung eines Smart Quartier/Citykonzeptes geht, spielen viele öffentliche Frage aus dem Städtebau- und Erschließungsrecht eine Rolle. Dieser Sektor soll in diesem Beitrag nicht weiter berührt werden, da die Einflussnahme des Smart-Home-Besitzers hier nur gering ist. Die für die Smart Home wesentlicheren Fragen spielen
im Kaufrecht und im Bauvertragsrecht eine Rolle.

a) Kaufrecht
Für einen Haus- oder Wohnungseigentümer, der smarte Lösung implementieren will, Einzelkomponenten für smarte Anwendungen kauft, wie z. B. einzelne Sensoren zur Lichtsteuerung oder aber Handy-Apps zur Steuerung von ans W-LAN angebundene Einheiten, spielt hauptsächlich das Kaufrecht eine Rolle. Der Problemkreis beim Kaufrecht besteht darin, dass der Käufer von smarten Einzelanwendungen oder Produkten die Sache kauft, kurz nach dem Kauf auf Funktionsfähigkeit überprüfen muss und dann nahezu kaum noch Gewährleistung für die tatsächliche Funktionsfähigkeit, insbesondere im Gesamtsystem, hat. Wenn ich einzelne smarte Produkte in meinem Zuhause implementieren möchte, bin ich quasi für die Schnittstellenprobleme selbst verantwortlich. Selbstverständlich kann ich Servicetelefone bemühen, jedoch werde ich selten dazu kommen, dass ich eine umfängliche Betreuung, bspw. durch einen Dienstleister vor Ort, erhalte.

Smart Home steht für eine Ausprägung des Internet of Things (IoT), nämlich die vernetzte „intelligente“ Wohnung.
Foto: Getty Images – AzmanJaka

b) Bauvertragsrecht
Das seit dem 01.01.2018 geltende Bauvertragsrecht im BGB unterscheidet in die Vertragswerke des Planervertrags und des Bauvertrags. Der Planervertrag beschäftigt sich mit der Planung eines Vorhabens durch Ingenieure oder Architekten. Ein Ingenieur oder Architekt soll zunächst mit einem Auftraggeber die Planungsziele und dann den Leistungsumfang definieren; im zweiten Schritt hat er dann alles zur Erfüllung des Planungsziels erforderlichen Planungsleistungen zu erbringen. Das Problem bei den herkömmlichen Planer- und Ingenieurverträgen und der Frage des Smart Home ist, dass sich Planer und Ingenieure hauptsächlich auf den Zeitpunkt der Abnahme konzentrieren, also den Zeitpunkt, wenn ein Bauwerk oder eine Einbauleistung mangelfrei abgeschlossen wird. Ein übergreifender Verbundtest zur Funktionsfähigkeit von smarten Lösungen als Gesamtsystem oder der Blick auf einen störungsfreien Betrieb, ist in der Regel nicht vorgesehen. Vielmehr werden Einzelkomponenten sozusagen auf die An-/Aus-Funktion geprüft. Darüber hinaus ist im Bereich der Smart-Home-Thematik festzustellen, dass nur die wenigsten typischen Architekten und Ingenieure in diesen Themen firm sind. Dies hängt auch mit der stark digitalen Komponente zusammen. Insbesondere Objektplaner sind hier in der Regel nicht die richtigen Ansprechpartner. Ingenieure für die technische Gebäudeausrüstung mögen hier schon eher Affinitäten haben, möglicherweise auch Innenarchitekten. Wobei Innenarchitekten klassischerweise eher auf die gestalterischen Elemente im Innenraum fokussiert sind. In Praxi ist jedoch festzustellen, dass sich Architekten und Ingenieure mit umfänglichen Smart-Home-Lösungen, insbesondere auch mit der Verknüpfung in die digitale Welt, bspw. durch einen digitalen Wohnungsmanager, schwertun. Dies ist erst recht dann der Fall, wenn man als Smart-Home-Lösung eine intelligentere Energiesteuerung haben möchte.

Für einzelne Anlagenteile innerhalb geschlossener Systeme sind daher die Werkunternehmen, die jeweils bspw. Energiesteuerungssysteme mit der Heizung selbst oder aber Elektriker, die besseren Ansprechpartner. Diese operieren in der zweiten Kategorie des Bauvertragsrechtes, dem Bauvertrag. Sofern der Architekt oder der Ingenieur keine detaillierte Leistungsbeschreibung oder Planung vornimmt, hat dies der Werkunternehmer selbst zu tätigen. Insofern hat er selbst mit dem Auftraggeber zu definieren, was genau das Ziel einer oder mehrerer smarten Anwendungen sein soll. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bereits seit der Blockheizkraftwerkentscheidung des Bundesgerichtshofs sehr deutlich geworden ist, dass den Werkunternehmer und z. B. auch den Bauträger, also dem Errichter von Eigentumsgemeinschaften, erhebliche Informations-, Planungs- und Werkleistungspflichten trifft. Kern dieser Entscheidung war, dass ein Bauträger den Einbau eines Blockheizkraftwerkes mit dem Ziel versprochen hat, dass Strom eingespart werde. Nachdem über mehrere Tests klar war, dass Strom nicht eingespart werden konnte, musste der eine andere Lösung liefern und den Differenzbetrag, der eigentlich hätte eingespart werden sollen, als Schadensersatz zahlen. Diese Einordnung findet unter dem rechtlichen Terminus technicus „funktionaler Mangelbegriff“ Eingang in sämtliche Diskussionen. Das heißt, wenn ein Werkunternehmer gewisse Vorteile für eine smarte Lösung verspricht, die in der Funktion liegen soll, so hat er auch dafür Sorge zu tragen, dass diese tatsächlich eintritt. Sollen bspw. durch die Implementierung von intelligenten Sonnenschutzsystemen und Verschattungssystemen Energiekosten eingespart werden, so hat er auch zu gewährleisten, dass dies tatsächlich der Fall ist (Fragen der Beweisführung sind hier natürlich gesondert zu betrachten).

Auch wenn soeben gesagt worden ist, dass die ausführenden Gewerke, wie z. B. das Elektro-, das Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärunternehmen für eine intelligente Wärmesteuerung die direkten Ansprechpartner seien, so ist dies nur teilweise richtig. Denn insbesondere die ausführenden Gewerke stützen sich dann auch auf die Zulieferfirmen. Dies sind in der Regel die Produkthersteller. Produkthersteller haben das höhere Know-how und können bspw. auch durch smarte Anwendungen Ferninspektionen an technischen Einheiten durchführen. Sofern Systemlösungen vom Produkthersteller eingekauft werden, besteht ein direktes Leistungs- bzw. Haftungsverhältnis zwischen Produkthersteller und Auftraggeber. Auch hier gilt der funktionale Mangelbegriff und die Haftung funktioniert hier hauptsächlich über die Produkthaftung bzw. Produktberatungspflicht des Herstellers. Aufgrund dieser Situation, dass hier auch eine Haftung des Zulieferers besteht, verwundert es nicht, dass in praxi auch Werkunternehmer hier die Gewährleistungsübernahme verweigern.
Um all diese Probleme zu lösen und erschöpfende Leistungsbeschreibungen für gewerkeübergreifende smarte Lösungen in Bau und Gebäudeetrieb zu erhalten, wird in Verbindung der verschiedenen Handwerksverbände derzeit daran gearbeitet, ein neues Leistungsbild, das Leistungsbild des Systemintegrators aufzubauen. Der Systemintegrator soll schnittstellenübergreifend über die ausführenden Firmen und die planenden Dienstleister sich darüber verständigen, ein System von smarten Applikationen in der Wohnung oder dem Gebäude zu planen, auszuführen und auch bei Betriebsfragen einzuschreiten. Insbesondere auch die Verknüpfung der digitalen Welt wäre sein Aufgabenfeld. Die Einführung eines solchen Leistungsbildes ist sinnvoll und erforderlich, da insbesondere die Verknüpfung von Softwareapplikationen zu Hardwareapplikationen im Smart-Home-Bereich zu keinem bisher bekannten Leistungsbild passt.

Systemintegratoren werden in der Regel derzeit von Produktherstellern angeboten aber auch teilweise von Zulieferfirmen. Solche Systemintegratoren sind daher frühzeitig in Projekte einzubeziehen, sofern Sie planen, Ihr Zuhause zu versmarten.

Mit dem Smartphone mobil unterwegs
in den öffentlichen Verkehrsmitteln …                                     … oder in der City mit dem E-Scooter.

Foto: Adobe – rh2010; Getty Images – pixelfit

Praktische Tipps
Mit der Suche nach einem Systemintegrator bzw. einem geeigneten Unternehmen geht einher, sich genau zu vergegenwärtigen, welche Ziele man mit der Versmartung seines Zuhauses oder seines Gebäudes verfolgen will. Soll bspw. Energieeinsparung erzeugt werden oder bloßer Komfort? Insbesondere Anwendungen für eine smarte Energiesteuerung sind „in“ und können bspw. auch durch Förderprogramme aufgenommen werden. Der Ansatz von Smart-Home-Lösungen im Förderprogramm, wie z. B. von der KfW oder auch in Zertifizierungsprogrammen, wie z. B. der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltigkeit (DGNB), sind stark im Vordringen und liegen in der Erkenntnis begründet, dass Immobilien einen starken Energieverbrauch haben und der Green Deal der EU nur durch smarten Betrieb von Gebäuden erreichbar ist. Jedoch sollte man darauf achten, nicht sinnlos technische Einheiten in Gebäuden zu verbauen, da dies stets auch Haftungsfragen und Entsorgungsprobleme mit sich bringt und letztlich ja auch nicht ganz billig sein wird.

Ein letzter Hinweis sei dazu noch gegeben, dass bei allen Datenflüssen, die durch smarte Anwendungen im Gebäude entstehen, auch Datenschutzproblematiken auftreten. Hier gibt es bspw. jedoch Lösungen, die in geschlossenen Netzwerken, vergleichbar der Bluetooth-Anwendung, laufen. Davon abzugrenzen sind z. B. offenere Systeme mit KNX-Schnittstellen oder direkt ans Internet angebundene Systeme. Hierbei sollten Sie sich auch darüber informieren, ob datenschutzkonform gearbeitet wird. Wenn Sie externe Dienstleister bspw. mit Ferninspektionsleistungen beauftragen, sollten Sie auch hier darauf achten, dass entsprechende Datenschutzerklärungen und Auftragsverarbeitungsverträge vorhanden sind, um sicherzustellen, dass Ihre Daten nicht missbräuchlich weitergegeben werden. Das Thema des Datenschutzes und der Datensicherheit ist bei der Frage des Smart Living omnipräsent und wird auf allen Ebenen bearbeitet, um insbesondere Privatleuten hier besten Schutz angedeihen zu lassen. Nicht zuletzt ist dies auch der Grund dafür, dass auf deutsch-europäischer Ebene das Projekt GaiaX zum Bau einer europäischen Cloud vorangetrieben wird. Es ist die Absicht, sowohl auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene hier von transatlantischen oder anderen Cloudlösungen, die nicht den Datenschutzstandards der DSGVO gerecht werden, unabhängig zu werden.

Das Thema des Datenschutzes und der Datensicherheit ist bei der Frage des Smart Living omnipräsent und wird auf allen Ebenen bearbeitet, um insbesondere Privatleuten hier besten Schutz angedeihen zu lassen.
Foto: Adobe – Tierney