„Produktive Stadtregion“
Die IBA’ 27 hat ihr Programm gefunden
Die Themen sind gesetzt und die Projekte auf gutem Weg: Die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart zieht eine Zwischenbilanz.
Das Vorhaben IBA’ 27 wächst und nimmt weiter Gestalt an. Mehr als 130 Projektvorschläge haben die IBA erreicht, rund 80 Vorhaben wurden in das IBA’ 27-Netz aufgenommen, davon sind die ersten 14 als IBA’ 27-Projekte offiziell benannt. (smartLiving berichtete über die erste 13 Projekte in der Ausgabe 6/2020.)
Im Mittelpunkt steht nun dabei erkennbar die Idee der „Produktiven Stadtregion“, die Wohnen und Freizeit mit Arbeit, industrieller und landwirtschaftlicher Produktion in lebenswerten und urbanen Räumen zusammenbringt. „Die IBA hat ihr Programm
gefunden“, resümiert ihr Intendant Andreas Hofer. Auch als Organisation entwickelt sich die IBA weiter: Mit dem neuen Stuttgarter Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper bekommt die IBA’ 27 GmbH einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden.
Stuttgarts OB Dr. Nopper neuer Vorsitzender des Aufsichtsrats
Dr. Nopper ist im November als Nachfolger von Fritz Kuhn an die Stuttgarter Rathausspitze gewählt worden. Der Aufsichtsratsvorsitz wechselt alle zwei Jahre zwischen Landeshauptstadt und Region Stuttgart. Dass die IBA’ 27 für ihn ein Thema ist, das seine volle Unterstützung hat, macht Dr. Frank Nopper gleich zu Beginn deutlich: „Die IBA’ 27 passt zu Stuttgart und der Region Stuttgart wie angegossen: Hier lebt noch immer der Geist der Werkbundausstellung von 1927, die uns mit den Le Corbusier-Häusern das bisher einzige UNESCO-Weltkulturerbe beschert hat. Wir gehören deutschland- und europaweit zu den herausragenden Architektenstädten. Die Industrie- und Automobilregion Stuttgart bietet wie nur wenige die herausragende Chance, Mobilität und Nachhaltigkeit, Ökonomie und Ökologie, ja, die Transformation der Wirtschaft und den Klimawandel zusammen zu denken. Zu guter Letzt: Stuttgart und unsere Region stehen, wie nur ganz wenige in der Welt, für einen Tüftler-, Erfinder- und Ingenieursgeist, der Innovationen hervorbringt, die überall hingetragen werden.“
Thomas S. Bopp wirbt für weitere Unterstützung
Die Landeshauptstadt gehört zusammen mit dem Verband und der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart zu den Hauptträgerinnen der IBA’ 27. Hinzu kommen die Architektenkammer Baden-Württemberg und die Universität Stuttgart. Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg fördert die IBA mit jährlich rund 250.000 Euro. Thomas S. Bopp, der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart und stellvertretende Vorsitzende des IBA-Aufsichtsrats, betonte die gute Zusammenarbeit und warb für weitere Unterstützung: „Ein so innovatives und wegweisendes Vorhaben wie die Internationale Bauausstellung muss von vielen Schultern getragen werden. Die IBA ist die ideale Plattform, um neue Konzepte für bezahlbaren und flächensparenden Wohnraum, für zukunftsfähige Industrie- und Gewerbeflächen, für die Zukunft der Innenstädte und die Praxis des klimaneutralen und ressourcenschonenden Bauens auszuprobieren. Einige Kommunen und andere Projektträger in der Region Stuttgart gehen dafür viele Schritte mehr, als sie müssten. Von ihrem Mut und dem damit verbundenen Aufwand profitiert nicht nur die Region, sondern das ganze Land.“ Deshalb wünscht sich Bopp, dass das Land Gesellschafter der IBA’ 27 GmbH werden sollte. Es gebe nun die Gelegenheit, dies bei den Koalitionsverhandlungen zu vereinbaren.
Karin Lang: IBA bringt neue Kooperationen auf den Weg
Die kaufmännische Geschäftsführerin der IBA’ 27 GmbH, Karin Lang, berichtete über die Organisation und die wirtschaftliche Situation. „Drei Jahre nach Gründung und zwei Jahre nach unserem Projektaufruf zeigt sich, dass die IBA schon jetzt eine immense Kraft in der Region Stuttgart entfaltet. Das fordert uns als öffentlich getragenes Unternehmen mit einem hoch motivierten Team von mittlerweile 21 Fachleuten ziemlich heraus“, so Karin Lang.
Die Grundfinanzierung der GmbH durch die Gesellschafterinnen und die Förderung des Landes seien eine gute Basis. Diese Mittel müssten nun jedoch aufgestockt werden. Das erfordere zusätzliches Engagement auf allen Ebenen wie auch Unterstützung aus der Wirtschaft. „Wir haben uns daher auch auf die Suche nach innovativen Firmen gemacht, die sich in die IBA einbringen wollen. Die ersten Signale aus Unternehmen zeigen neben der Bereitschaft der Mitfinanzierung ein großes Interesse, Teil des IBA-Prozesses zu werden, an Vernetzung und fachlichem Austausch“, signalisiert Lang.
Was für unsere Großeltern selbstverständlich war, soll bald auch für uns und unseren Kinder wieder möglich sein: Baden im Neckar.
Foto: IBA’ 27/Niels Schubert
„Flussregion werden – Zugang zum Neckar” ist laut IBA’ 27-Intendant Andreas Hofer „vielleicht eines der dicksten Bretter”.
Foto: IBA’ 27/Niels Schubert
Das Erbe der Moderne
Natürlich befasst sich die IBA’ 27 mit dem Erbe der Moderne: „Mit der Weissenhof-Siedlung, die 2027 ihren hundertsten Geburtstag feiert, hat die Moderne starke Wurzeln in Stuttgart“, so Hofer. Zum Präsentationsjahr wird sie ein wichtiger Besuchermagnet sein.
Damit dies nicht allein bei einer architektonischen Erlebniswelt stehen bleibt, muss die IBA’ 27 Denkprozesse weiterführen, um Chancen und Lösungen für die Zukunft aufzuzeigen oder zumindest anzuregen.
Ziel der „Produktiven Stadt“ ist es mit der intensiven Nutzungsmischung in der Stadt, die klassische die Funktionstrennung als Planungsprinzip zu überwinden. Ein Prinzip, das noch aus der mittelalterlichen Städtestruktur herrührt und in der Nachkriegsmoderne als Nonplusultra der Gemeindeplanung vorangetrieben wurde.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Umnutzung bestehender, ungenutzter Baukomplexe wie zum Beispiel dem Sindelfinger Krankenhausareal. „Solche Gebäude möglichst zu erhalten und neu zu nutzen sei nicht nur ein Gebot der Baukultur, sondern spare auch Baustoffe und die darin gebundene Energie. Verbunden mit dem Baustoffrecycling, gehört der Erhalt dieser ,grauen Energie‘ wahrscheinlich zu den wichtigsten Stellschrauben, um künftig klimaschonender zu bauen“, unterstreicht Hofer die Bedeutung des Themas.
Projekteinreichungen können bis Ende 2021 IBA’ 27-Projekt werden
Seit dem Projektaufruf im Jahr 2018 sind mehr als 130 Vorhaben für die IBA vorgeschlagen worden, rund 80 davon sind in das IBA’ 27-Netz aufgenommen, 14 davon als offizielle IBA’ 27-Projekte benannt.
Insgesamt könnten es vielleicht rund 25 bis 30 IBA’ 27-Projekte werden, schätzt Andreas Hofer. Schon heute hätten einige erkennbar das Potenzial zum IBA’ 27-Quartier – großflächige und komplexe Stadtentwicklungsprojekte, die 2027 Ankerpunkte der Ausstellung werden sollen. Vorhaben, die bis Ende 2021 eingereicht werden, können noch zum IBA’ 27-Projekt werden. „Das ist kein Aufnahmestopp“, betonte Hofer. „Das Netzwerk der IBA bleibt offen. Aber allein schon aus zeitlichen Gründen werden es später
eingereichte komplexe Bauvorhaben vermutlich nicht mehr schaffen, als IBA’ 27-Projekt bis zum Jahr 2027 ausstellungsreif zu sein.“ Einreichungen für das IBA’ 27-Netz sind bis voraussichtlich gegen Ende der Laufzeit derIBA’ 27 möglich.
© Autor: Klaus Bossert
Quelle: Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart GmbH (IBA’ 27)
In Winnenden wurde mit einem wirklich pionierhaften Entwurf ein Wettbewerb entschieden, der Produktion, Freizeit, Gewerbe und Wohnen in ganz neuer Weise in dichten Baublöcken mischt und in grüne Landschaft einbettet.
Foto: IBA’ 27