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So baut die Welt

Beispielhaftes, Überraschendes und Inspirierendes aus fünf Kontinenten

Seit dem Bauhaus besitzt Architektur eine internationale Grundsprache. In Verbindung mit traditioneller Bauweise und lokaler Bedingungen entstehen jedoch immer wieder völlig neue Lösungen. smartLiving stellt eine kleine und subjektive Auswahl besonderer Wohnbauten vor.

Berlin/Deutschland. Beginnen wollen wir mit einer klassischen und erfolgreichen Kombination: deutscher Bauherr und italienischer Architekt. Das Mailänder Architekturbüro Peter Pichler Archtitecture ist eines der angesagtesten Büros in Italien.
Für einen Berliner Bauherrn hat Peter Pichler ein Wohnhaus am See entworfen.
Die Architektur der Villa repräsentiert die Geschichte ihres Ortes. Die geneigten Satteldächer des Obergeschosses erinnern an die nahe gelegene ehemalige Ziegelfabrik, in der Lehm aus dem See verbrannt wurde, um Ziegel herzustellen. Die linearen Dachformen und die bewusste Verwendung von Ziegeln als lokales und einheimisches Material dienten als Inspiration für das Projekt. Die freitragenden Elemente des Obergeschosses sorgen mit ihrer unterschiedlichen Positionierung für visuelle Privatsphäre aber auch für eine
Beschattung der Terrasse. Im Erdgeschoss befinden sich ein offener Wohnraum mit Küche und Bar sowie ein Weinkeller. Im Obergeschoss liegt das Schlafzimmer mit Badezimmer und Toilette für den Hausherrn mit einem Bereich für das Home-Office. Daneben ist Platz für ein weiteres Schlafzimmer und ein Gästezimmer für zwei Personen, jeweils mit eigenem Badezimmer. Die Fußböden sind mit Parkett ausgelegt. Zum See hin eröffnet sich dem Gebäude mit den raumhohen Glasfronten ein Panoramablick.

Visualisierung: Peter Pichler Architecture

 

Bera/Navarra/Spanien. Wenige Kilometer entfernt von Bera liegt das „Landaburu borda“, erbaut und entworfen von dem spanischen Architekten Jordi Hidalgo Tané. An diesem außergewöhnlichen Ort zu arbeiten, verlangt Respekt vor der mystischen Kraft der Navarra-Berge, die reich sind an Geschichten und Legenden. Das Projekt besteht aus einem bestehenden, zweigeschossigen Gebäude mit mehreren Zimmern und einem neu gebauten, geräumigen Wohnbereich als Nebengebäude mit Küche. Dieser neue Wohnbereich wurde in den Berg eingebaut, als wäre der Anbau bereits vor dem Bau des alten Gebäudes dort gewesen. Konstruiert wurde es aus Beton und Holz, was dem Ganzen einen rohen, ehrlichen Charakter verleiht, wie sie der umgebenden Landschaft zu eigen ist. Geschützt wie in einer „Höhle“ öffnet sich der Raum durch die Glasfronten zu einem grandiosen Blick über die herrliche Landschaft, die vor einem liegt.

Photos: Jordi Hidalgo Tané

 

Kent/England. Oast-Houses nannte man in der lokalen Umgangssprache Häuser, die zum Trocknen des Hopfens gebraucht wurden, den man wiederum zum Bierbrauen verwendete. Für eine Familie, die nach Kent zog und für diese Art von Häuser ein Faible hatte, entwarf Friedrich Luwdig, Director des Londoner Architekturbüros ACME, eine moderne Interpretation eines klassischen Ost-House. Vier mit Schindeln verkleidete Türme erheben sich aus der natürlichen Umgebung und schaffen ein extrem energiesparendes Haus mit einer kühnen zeitgenössischen Ästhetik. Dabei wurden Fliesen im typischen Kent-Stil verwendet, um die Außenhaut in sechs Farbtönen von dunkelrot an der Basis zu hellorange an der Spitze so zu gestalten, dass ein sanfter Verlauf entsteht.

Das Innere der Rondelle ist mit Sperrholz verkleidet, als durchgehende Oberfläche für die zylindrischen Teile und als überlappende Sperrholzschindeln für die Dachkegel. Wo immer möglich, wurden die Möbel in die Räume eingebaut, um den Raum optimal zu nutzen. In der Küche, die sich als zentraler Treffpunkt der Familie warm anfühlen sollte, wurde Holz verwendet auch um maßgeschneiderte gekrümmte Einheiten und Fronten zu erstellen. Ein Mikrozement wurde verwendet, um die Arbeitsplatte zu bilden. Die Badezimmer sind als offene Räume geplant. Durch die gedrehten Wände fällt das Licht durch die Dachfenster bis in die im Erdgeschoss liegenden Badezimmer, wo sich das Sonnenlicht an den matt glänzenden Oberflächen widerspiegelt. Die nachhaltigen Eigenschaften des Gebäudes beruhen auf seine stark isolierte Holzrahmenstruktur, die von der traditionellen Bauweise mit massiven Ziegelwänden abweicht, die früher beim Bau der Oast-Houses üblich waren.

Fotos: Jim Stephenson

 

Ein felsiger Hang/Afrika. An einem diskreten Ort auf einer felsigen Klippe in Afrika, hat das Londoner Studio Seilern Architects mit dem Architekten Muzia Sforza für einen Musiker ein Privathaus mit Tonstudio gebaut.

Die 1.500 Quadratmeter große Wohnung wurde zwischen zwei überhängenden Holzplattenpaaren eingeplant, die den Blick auf den künstlichen Stausee lenken und den Hauptwohnräumen zugleich Schatten vor der starken Sonne bieten. „Die Gegend ist, gelinde gesagt, atemberaubend und beeindruckend und hat ein Stück Architektur verdient, das ebenso beeindruckend ist“, sagten die Architekten. „Die freitragenden Dächer und ausgedehnten Terrassen lassen das Haus sanft über dem Felsen schweben.“ Im Kern befinden sich zwei Glaskästen zwischen einem Paar Platten und bilden einen zweigeschossigen Raum mit einem offenen Wohn- und Essbereich auf der oberen Etage und einer Hauptschlafzimmersuite, umgrenzt von einem Wasserbecken, im unteren Bereich.
Eine rot gestrichene Wand kräuselt sich um eine Ecke des Wohnraums und umschließt eine Bibliothek und ein Klavierzimmer.

Eine überdachte Terrasse liegt geschützt unter dem überhängenden Dach und ist mit Bäumen bepflanzt, die unter kreisförmigen Lichtschächten stehen. Ein paar kleine, mit Granit verkleidete Kuben beherbergen zusätzliche Schlafzimmer und Badezimmer für Gäste. Sie ragen über den halbüberdachten Bereich hinaus und sind in dan Hang eingelassen. So verankern sie das Haus am Felsen und sichern das Gebäude in dem felsigen Boden.

Fotos: Bruce Bowland und Angela Gaddes

 

Toyonaka/Provinz Osaka/Japan. Wohnraum ist in Japan extrem eingeschränkt. Oft liegen die Häuser dicht beieinander, was wiederum im Gegensatz steht zum Anspruch der Japaner nach Schutz und Geborgenheit ihrer Privatsphäre und Intimität. Die Platzenge hat so zu einer minimalen Wohnform einerseits geführt und zum anderen Wohngebäude entstehen lassen, die zum Teil an private Bunker erinnern.
Das japanische Studio FujiwaraMuro Architects entwarf das Haus in Toyonaka, Osaka, als eine Reihe von versetzten Kuben, mit Lücken dazwischen, damit die Privatsphäre der Bewohner gewahrt bleibt. Das Gelände bietet außer den direkten Nachbarn keine nennenswerten Aussichten. Aus diesem Grund haben die Architekten ein Gebäude mit minimalen Öffnungen in den Fassaden entworfen.

„Das Ziel des Entwurfs war es, einen anregenden und schönen Raum zu schaffen, der dennoch keine großen Fenster hatte und für die Außenwelt geschlossen war“, erklärt das Studio. Das Haus ist mit einem L-förmigem Grundriss angelegt und besteht aus drei Kuben, die durch enge Lücken voneinander getrennt sind. Diese horizontalen und vertikalen Öffnungen leiten frische Luft und Tageslicht in das Gebäude.
Die Außenwände der drei Kuben sind mit unterschiedlichen Materialien versehen, die sich ergänzen, aber dazu beitragen, die verschiedenen Teile des Hauses zu differenzieren.
Das Erdgeschoss, in dem sich die Garage und der Eingang befinden, besteht aus rohem Sichtbeton, der noch Löcher von den Verbindungsbolzen aufweist.
Auf einer Seite des Wohnraums befindet sich ein Lichtschacht, der sich vertikal durch das Gebäude erstreckt. Frische Luft tritt in das verglaste Volumen und verströmt sich dann in einen halboffenen Raum im Herzen des Hauses. Ein weiterer Glaseinsatz im Boden zwischen Wohn- und Essbereich ist in die Lücke zwischen den beiden vertikalen Volumen eingefügt und schafft eine visuelle Verbindung zwischen den beiden Ebenen. Eine Reihe freitragender Metallstufen führt vom Wohnraum zum Obergeschoss. Dort bilden Holzböden im Schlafzimmer und in der Küche einen wärmeren Kontrapunkt zum Beton der Wohnzone. Eingebaute Regale sind an einer Wand des offenen zentralen Raums angebracht, und eine monolithische Betoneinheit befindet sich in der Nähe der Stufen, die als zusätzliche Sitzgelegenheiten dienen können. So entstand aus minimalem Raum eine maximale intime Ausnutzung.

Fotos: Katsuya Kaira/Studio Sem

 

Chinesische Mauer/China. Das in Peking ansässige MDDM Studio hat ein Haus in der Nähe der Chinesischen Mauer dadurch erweitert, indem es mit einer nahe gelegene Lagereinheit verbunden und in ein minimalistisches Wohnreal verwandelt wurde. Die Erweiterung, die nun treffend den Titel „Haus an der Großen Mauer“ trägt, verfügt über moderne Wohnräume inmitten alter Steinmauern. Früher war es ein bescheidenes Gebäude, worin in den letzten 50 Jahren Obst für das Dorf gelagert wurde.
Das Architekturbüro erhielt die ursprünglichen Wände der Lagereinheit, die mit groben Steinbrocken eingelegt waren, und fügte Fenster hinzu, um das Gebäude mit ausreichend natürlichem Licht zu versorgen und den Blick auf das umliegende, hügelige Gelände zu ermöglichen.
Zunächst grub das Studio einen kurzen Tunnel, um die beiden Gebäude zu verbinden, und schuf dann ein neues Dach für die Erweiterung. Dies besteht aus zwei dicken Betonplatten, die in unterschiedlichen Höhen angebracht wurden und einen kleinen Spalt hinterlassen, durch den zusätzliches Tageslicht dringen kann und in den warmen Sommermonaten für zusätzliche Belüftung sorgt.
Beide Platten ragen über den Baukörper hinaus und überdecken teilweise zwei Innenhöfe.
Eine Steinmauer des alten Lagerhauses wurde durch eine raumhohe Glasfront ersetzt. Dahinter befindet sich der offene Wohn- und Essbereich, der mit neutral getönten Möbeln und einem trichterförmigen, bis an die Decke reichenden Holzofen ausgestattet ist. Die Küche besteht aus einer pechschwarzen Frühstücksinsel mit eingebautem Herd und Spüle.
Eine holzverkleidete Trennwand zur Garage hin, gibt einen Hauch von wärmendem Kontrast zu den kühlen Wänden der Erweiterung, welche zum Großteil aus weißem Gips gefertigt wurden. Drei kurze Stufen führen zu einem Flur, der zu den Schlafräumen führt. Jedes Schlafzimmer wurde in einem ähnlich sanften Farbschema fertiggestellt und verfügt über ein eigenes Bad.
Die Fenster in den Schlafräumen befinden sich direkt unterhalb der Deckenlinie, wodurch der Blick nach außen bewusst beeinträchtigt wird, um so in den Gemächern eine kontemplative und ruhige Atmosphäre zu erzeugen.

Fotos: Jonathan Leifjonhufvød

 

Phoenix/Arizona/USA. Wir kennen die Bungalows der Stars in Hollywood und Beverly Hills, geprägt vom Gropius und
Le Corbusier einerseits und dem mexikanisch-spanischen Pueblostil andererseits. Für einen Pianisten als „Pause zum Stadtleben“ hat das Architektur Studio Ranch Mine ein Anwesen in der Wüste von Arizona konzipiert, nahe einem
Naturschutzgebiet, entlang einer Gebirgskette gelegen.
Die 380 Quadratmeter große Residenz hat einen O-förmigen Grundriss und ist um einen zentralen Innenhof herum angeordnet. Fast alles im Haus kann drahtlos gesteuert werden, einschließlich der Lichter, Lautsprecher, Jalousien und Schlösser. Sonnenkollektoren auf dem Dach, gekoppelt mit einer Tesla-Batterie versorgen das Anwesen mit ausreichend Strom.
Ein eigener Gemüsegarten versorgt die Bewohner mit frischen Lebensmitteln. Ein Source-Hydropanel-System ist zusätzlich geplant. „Es ist eine wirklich coole Technologie, die mit Solarenergie Trinkwasser aus der Luftfeuchtigkeit erzeugt“, fügte Costello, CEO von Ranch Mine, hinzu.
Stark isolierte Wände sind mit weißem Stuck umwickelt, während vertiefte Nischen mit einem exotischen Hartholz, das für seine Langlebigkeit bekannt ist, dazu im Kontrast stehen.
Das Haus liegt tief im Boden und erhebt sich nur 3,8 Meter. Durch ein Foyer gelangt man in das Gebäude. Der Innenhof ist durch eine Glaswand getrennt und mit einer Betonbank sowie der umgebenden Wüstenvegetation bestückt. Durch ihn dringt Tageslicht und frische Luft in die Innenräume.
Den Hauptbereich, der mit verglasten Taschentüren ausgekleidet ist, bildet ein langer, schlanker Raum, der Bereiche zum Entspannen und Essen sowie Platz für einen Flügel umfasst. An einer Wand hängen Latten aus Walnuss, die mit akustischem Filz hinterlegt sind, um die Klangqualität im Raum zu verbessern. Der Yoga-Raum öffnet den Blick auf den angelegten Garten.
In der Lamellenwand verbirgt sich eine Drehtür, die zur Master-Suite führt. Der Schlafbereich wurde absichtlich klein gehalten. „Die Master-Suite stellt die Konvention auf den Kopf und begrenzt die Größe des Schlafzimmers auf gerade genug Platz für das eingebaute Bett, wobei der größte Teil des Raums für vom Spa-Spirit inspirierten Badezimmer und den vom Einzelhandel inspirierten Kleiderschrank genutzt wird“, so das Architektenteam. Im Badezimmer wurde warm getöntes Holz für Regale und Schränke verwendet.
Gleich hinter dem Hauptwohnraum befindet sich ein Swimmingpool. Ähnlich wie im Innenhof befindet sich im Hinterhof eine lange Betonbank, die eine Feuerstelle enthält. Hier lässt sich bei Nacht ohne Großstadtlichter ein beeindruckender Sternenhimmel genießen.

Fotos: Rohner + Rayn

 

Mérida/Yucatán/Mexiko. Sacbé („Weißer Weg“), so nannten die Mayas eine Straße, die Zeremonienbauten innerhalb einer Siedlung oder nahe gelegene Städte miteinander verband.
Der Architekt Ludwig Godefroy entwarf in Mérida, Mexiko, nach dem Vorbild einer Scabé ein fragmentiertes Anwesen, das sich über eine Länge von 80 Meter erstreckt.
Indem der Baukörper immer wieder durchbrochen wurde und sich die einzelnen Fragmente mit den Außenbereichen vermischten, lässt sich das Haus auf natürliche Weise lüften. Ein Prinzip, das sich auf die Bauweise der Mayas bezieht. Fast alle
Materialien der Casa Mérida stammen aus der Region oder beziehen sich auf die Maya-Kultur. So erinnern die cremigen Steinmauern, deren Fugen mit Steinsplittern bedeckt sind, in ihrer Art an die Mauerwerke der Maya-Pyramiden und -Tempel.
Im Gegensatz dazu der Sichtbeton, der das Hauptvolumen des Hauses und der Böden bildet. Zumindest wurde er vor Ort in Mérida hergestellt. Kontrastiert wird dieser durch lokal gestaltete Holzlamellen an Fenstern und Türen. „Das Haus besteht aus massiven Materialien, die keine besonderen Behandlungen oder Wartungsarbeiten erfordern. Alterung und Zeit wird als Teil des Architekturprozesses berücksichtigt. Die Ästhetik spiegelt sich auch im einfachen Dekor bei den Holzmöbeln, der Steinbadewanne und dem rauen Waschbecken wider.
Godefroys Ziel war es, ein für sich geschlossenes und autonomes Wassersystem zu installieren. Zunächst wurde ein Bohrloch ausgehoben, um das Anwesen mit Grundwasser zu versorgen. Zusätzlich wurden Absorptionsbrunnen unter skulpturalen Wassersammlern platziert, um Regenwasser zu sammeln. Schließlich filtert ein Biodigester das Abwasser des Hauses, um es für die Gartenpflege zu verwenden. Mit Photovoltaikmodulen und einem Solarkessel wird zudem Energie gewonnen.
So verbinden sich in der Casa Mérida fragmentarisch angelegte Lebenszentren als architektonischer Zyklus zu einem vernetzten Gemeinschaftskomplex.

Fotos: Rory Gardener

 

Fazit: Das Bauhaus revolutionierte und prägte mit seinen Ideen die Architektur, doch eröffnet dieser Denkprozess auch Chancen, vergangene lokale Bauweisen neu zu entdecken und damit nachhaltige Lösungen wiederzuentdecken.
© Autor: Klaus Bossert