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Neues Wohnmodell Tiny House

Jetzt kommt frischer Wind in unsere trübe Welt: das Tiny Haus oder richtig benannt: das Tiny House – übersetzt nach dem Motto: „Lebe dort, wo es dir gefällt“. Immer mehr Menschen interessieren sich dafür, ein solches Tiny House zu kaufen. Denn Wohnraum ist in vielen Städten knapp. Da kommen Tiny Houses gerade recht, können sie doch kleinste Lücken füllen. Ein Grundstück von etwa 200 Quadratmetern Fläche mit Anschlüssen reicht den Mini-Häusern. Dabei kann die Fläche nicht nur gekauft, sondern auch gepachtet oder geleast werden.
Doch was steht eigentlich hinter diesem „Mysterium“, diesem Hype? Was versetzt Menschen, mit einem „rollenden Haus“ durch die Gegend zu fahren? Handelt es sich um eine Lebenseinstellung, der sich immer mehr ältere Menschen widmen? Oder handelt es sich um Menschen, die ihr Leben völlig umkrempeln wollen. Sich trennen wollen von überflüssigem Luxus und einfach sich in ein kleines privates Haus zurückziehen wollen? Wohnkonstellation Tiny House – alles ist möglich.

Lebendiges Vorbild: die einzige Messe für Tiny Houses 2021
Die Messe für Tiny Häuser fand vom 18. September bis 17. Oktober 2021 statt. Um nahezu alle Hersteller aus Europa gemeinsam zu präsentieren, fand sie online statt. Das Ziel war eine zentrale deutschsprachige Informationsplattform für Tiny Houses, Modulbauten, Containerbauten, Mobilheime, Baumhäuser, Gartencubes und auch Hausbooten. Je nach Angebot und Auftragsbüchern präsentierten sich Hersteller und Dienstleister sehr individuell. Seminarinhalte und Terminvereinbarungen über Videoplattformen mit Herstellern rundeten das Angebot ab.

Durch die Kontaktbeschränkungen fand bereits im zweiten Jahr keine Präsenzausstellung von Tiny Houses statt. Andererseits stieg das Interesse an Tiny Houses sehr stark, obwohl es bereits seit 2019 keinen Ort des Austausches für Hersteller und Käufer gibt. Um beide Seiten im gesamten deutschsprachigen Raum endlich wieder zusammenzuführen, wurde die Tiny House Messe im Internet organisiert.
Die Ausstellungsplattform TinyHouse-Messe.de umfasste verschiedene Elemente: Das wichtigste für alle Interessenten war der Marktüberblick. Mit nahezu 250 europäischen Herstellern von Tiny Houses, Baumhäusern, Zirkus- und Schäferwagen, Container- und Modulbauten, Bauwagen, Gartengebäuden, Mobilhäusern sowie Hausbooten oder -flößen wurde die Messe
diesem Anspruch gerecht. Besonders groß präsentierten sich die Hersteller, die trotz der Lieferschwierigkeiten noch Aufträge annehmen bzw. ausliefern können. Zahlreiche Hersteller, die Tiny Houses nur im Nebengewerbe produzieren, sind hingegen wieder stark durch das Hauptgewerbe beansprucht und haben lange Produktions- und Lieferzeiten.

Auch zahlreiche Dienstleister nutzten die erste Chance seit zwei Jahren, sich und ihr Angebot rund um das Tiny House vorzustellen. Besonders das Thema „Finanzierung und Versicherung“ von Tiny Houses on wheels blieb schwierig. Spezielle Finanzierungsmodelle bot die Ethik Bank, die die Messe als Partner aktiv unterstützte. Ein wiederkehrendes Thema war auch die technische Anforderung, um eine Baugenehmigung zu erhalten. „Tiny Häuser muss man nämlich räumlich erleben“ war der Slogan. Damit unterschied sich das Ergebnis dieser virtuellen Messe nicht von den traditionellen Präsenzausstellungen: der Besucher hatte eine qualifizierte Auswahlliste von Herstellern, die den eigenen Anforderungen entsprachen.

Was spricht für ein „Ruheständler-Tiny House“?
Auch wenn der Quadratmeterpreis bei Tiny Houses nicht geringer ist als bei größeren Bauvorhaben, liegen die Gesamtkosten natürlich aufgrund der geringen Fläche sehr viel niedriger als bei einem herkömmlichen Wohnhaus. Außerdem benötigt man für ein Tiny House nur ein kleines Grundstück – und diese sind billiger als große Grundstücke. Vor allem, wenn ein Grundstück zu klein für ein herkömmliches Haus ist, können Interessenten es eventuell günstig erwerben. So kann ein Tiny House eine Alternative zur teuren Mietwohnung in Großstädten sein – vor allem für jene, die sich ein normales Haus nicht leisten können.

Ein Tiny House ist zudem im Unterhalt deutlich günstiger als ein herkömmliches Haus, denn man zahlt weniger Geld für Heizung und Strom und kann auch nicht so viel für Dekoration und Mobiliar ausgeben – denn dafür ist schlicht kein Platz im Minihaus.

Tiny Houses sind auch gut für die Umwelt, denn für den Bau eines Tiny Houses werden weniger Ressourcen verbraucht als für ein großes Haus und auch im laufenden Betrieb ist der ökologische Fußabdruck eines Tiny Houses deutlich geringer. Denn es gilt: Je weniger Wohnfläche jemand bewohnt, desto geringer sind seine CO2-Emissionen. Außerdem werden insbesondere für Tiny Houses auf Rädern keine Flächen versiegelt. Da der Platz überschaubar ist, können Bewohner von Tiny Houses nicht so viele Dinge anschaffen – auch dadurch verkleinert sich der ökologische Fußabdruck.

Ein großer Vorteil von Tiny Houses ist, dass sie mobil sind. Tiny Houses, die so gebaut sind, dass sie eine Straßenzulassung bekommen, können Ruheständler auch mit in den Urlaub nehmen, denn man kann sie mit einem Pkw selbst bewegen. So spart man die Kosten für Hotelübernachtungen und man hat sein Zuhause immer dabei.

Die Nachteile: großer Planungsaufwand, aufwendiges Genehmigungsverfahren und Beschränkungen beim Hausrat
Einfach nach eigenem Gusto drauflos bauen – das geht beim Tiny House nach hinten los. Denn wenn es auf einen Anhänger gebaut werden soll, müssen bestimmte Höchstmaße und ein Höchstgewicht von 3,5 Tonnen eingehalten werden. Zudem ist eine gute Gewichtsverteilung wichtig. Ein gutes Design ist bei einem Tiny House viel wichtiger als bei einem großen Haus, denn es muss kompakte und sehr effiziente Lösungen bieten. Fehler im Design verschlechtern den Wohnalltag. Deshalb ist der Planungsaufwand für ein Tiny House größer als man vielleicht denkt.
Und wer denkt, er könne sein Tiny House einfach abstellen, wo es ihm gerade gefällt, der irrt. Wenn das Tiny House zum Hauptwohnsitz werden soll, handelt es sich offiziell um ein Bauvorhaben und dafür gelten die Bestimmungen des deutschen Baugesetzbuches, die Landesbauordnung des jeweiligen Bundeslandes, der Flächennutzungsplan und gegebenenfalls auch ein Bebauungsplan und eine Ortsgestaltungssatzung.
Und in all diesen Verordnungen sind Tiny Houses bisher noch nicht vorgesehen. Deshalb ist es nicht ganz einfach, eine Genehmigung für ein Tiny House zu bekommen. In jedem Fall sollte man vor dem Grundstückskauf eine Bauvoranfrage stellen, um zu klären, ob man seinen Tiny-House-Traum am Wunschort auch tatsächlich verwirklichen darf. Selbst wenn das Tiny House nur als Wochenend- oder Ferienhaus dienen soll, muss einiges beachtet werden, bspw. ob es auf Privatgrund abgestellt werden soll, auf einer Parzelle auf einem Campingplatz oder in einem Wochenend- oder Ferienhaus-Gebiet. Im ersten Fall ist ebenfalls eine Baugenehmigung nötig. Im zweiten Fall kann man dort keinen Erstwohnsitz anmelden. Und auch wenn man sein Tiny House nur abstellen will, benötigt man dafür einen genehmigungsfähigen Abstellplatz.

Beschränkungen beim Hausrat: gerade bei Tiny Houses auf Rädern, die für eine Straßenzulassung nicht mehr als 3,5 Tonnen wiegen dürfen, muss man sich beim Hausrat sehr beschränken. Oft wiegen die Häuser schon leer knapp 3,5 Tonnen. Deshalb kann man oft nicht das kaufen, was einem am besten gefällt, sondern muss auf das zurückgreifen, was am wenigsten wiegt. Wer für ein Hobby umfangreiches Equipment braucht, wer eine sehr große Garderobe hat und sein Heim zu jeder Jahreszeit neu dekorieren will, der hat mit einem Tiny House ein echtes Problem.

Aber auch die Verkehrssicherheit kostet Zeit und Geld, denn wer ein Tiny House auf einem Anhänger hat und diesen im Verkehr bewegen will, muss sich regelmäßig um dessen Verkehrssicherheit kümmern. Das bedeutet, dass man regelmäßig beim TÜV vorbeischauen und Steuern zahlen muss. Zudem muss das Tiny House an seinem Stellplatz aufgebockt werden, damit die Reifen entlastet werden.

Gleichfalls ist es schwierig, für ein Haus auf Rädern eine Gebäudeversicherung zu finden. Diese ist in erster Linie auf Gebäude mit einem Fundament ausgelegt. Im schlimmsten Fall bleibt man bei Feuer-, Wasser- oder Sturmschäden auf dem Schaden sitzen. Die typischen Camping-Versicherungen sind auf Wohnwagen beschränkt, die auf offiziellen Campingplätzen stehen. Will man also sein Tiny House auf einem privaten Grundstück aufstellen, muss man die Versicherung individuell aushandeln.

Finanzierung des Tiny Houses: wenn man für den Kauf eines Tiny Houses einen Kredit benötigt, dann könnte das schwierig werden. Wenn Häuser fest mit dem Grundstück verankert sind, wird das Darlehen mittels einer Grundschuld im Grundbuch eingetragen. Bei Tiny Houses auf Rädern ist das nicht der Fall. Dann muss der Grundstückswert ausreichen, um von den Banken als Sicherheit zu gelten. Steht das Tiny House auf einem fremden Grundstück, sollte man anderweitiges Vermögen vorweisen können, um einen Bankkredit zu bekommen.
© Autor: Dietmar Kern

Fotos: malp, Christian, ckellyphoto, weissdesign – stock.adobe.com